RASSISTISCHE FREMDBEZEICHNUNG GEGEN ROM:NJA UND SINTI:ZZE

Handreichung 3 Begleitmaterial zum Kurzfilm: Romani Chaji – Wie wir genannt werden wollen

Seit mehr als 600 Jahren leben Sinti:zze und Rom:nja in Deutschland. Trotz offizieller Selbstdefinition als Roma hält sich die Fremdbezeichnung gegen sie hartnäckig im deutschen Sprachgebrauch. Sie ist immer noch eine gängige Beleidigung auf dem Schulhof für Menschen, die vermeintlich unordentlich, schmutzig oder arm sind. Zudem fungieren die rassistischen Fremdbezeichnungen als Ware und Produkt einer romantisierten und rassistischen Fantasie und werden mit dem Leben von Rom:nja und Sinti:zze verknüpft. Gipsy Mode ist alle paar Jahre wieder auf den Laufstegen zu sehen, wird in die Schaufenster und dann in die Kleiderschränke gehängt. Bis heute werden sogenannte Volkslieder gesunden, die das glorifizierte Leben der Sinti:zze und Rom:nja besingen. Auch moderne Künstler:innen wie Lady Gaga oder die Spielemacher*innen von SIMS bedienen sich in ihren Inszenierungen an romantisierten, rassistischen Fantasien über Rom:nja und Sinti:zze. Romani Kinder und Jugendliche sind diesen rassistischen Stereotypen also alltäglich ausgesetzt.

Immer wieder entstehen in Deutschland Debatten, in denen darüber diskutiert wird, wer wen wie bezeichnen sollte. Immer wieder werden Sinti:zze und Rom:nja mit den jeweiligen rassistischen Fremdbezeichnungen konfrontiert. Auch Schwarze Menschen und andere PoCs erleben das regelmäßig. Oft werden Traditionen, Sprachgebrauch oder „keine böse“ Intention angeführt als vermeintliche Rechtfertigung. Angehörige der Dominanzkultur sind häufig bewusst oder unbewusst einen Überlegenheitsanspruch gewohnt. Das bezieht sich auf die Lebensweise, die Selbstinterpretation aber eben auch auf die Bilder, die von Anderen entworfen werden/ wurden. Zugehörige zur Dominanzkultur sind es gewohnt, die Deutungshoheit über ‚Andere‘ zu haben (ROMMELSPACHER 1998). In der Theorie scheint es einfach, Personen(gruppen) mit der von ihnen gewünschten Selbstbezeichnung anzusprechen. In der Praxis gestaltet sich dies jedoch oft als sehr schwierig. Doch woran liegt das? Beim Beispiel der Rom:nja und Sinti:zze könnte eine mögliche Erklärung in der Bagatellisierung des Rassismus gegen diesen Teil der Bevölkerung liegen. Auch eine fehlende Bereitschaft von Powersharing bietet eine weitere Erklärung, warum es vielen Menschen so schwerfällt, andere mit ihrer Selbstbezeichnung anzusprechen. Das führt dazu, dass der Schmerz, die Verletzungen und eventuelle Traumata, die mit der rassistischen Fremdbezeichnungen für die Betroffenen verknüpft sein können, ausgeblendet, ignoriert oder nicht ernstgenommen werden. Wie lässt es sich sonst erklären, dass die rassistische Fremdbezeichnung in Filmen, Musik und Alltagssprache genutzt wird? Dies alles geschieht, obwohl die Selbstbezeichnung Roma schon 1971, vom ersten internationalen RomaniKongress als Selbstbezeichnung gewählt und die rassistische Fremdbezeichnung als solche abgelehnt wurde.

Dieses Bildungsmaterial widmet sich diesem Thema. Im Zentrum der Einheit steht der Kurzfilm von „Romani Chaji: Wie wir genannt werden wollen“. Illustriert, geschrieben und gesprochen wurde er von Estera Iordan. 2021 veröffentlichte der RomaniPhen e.V. diesen Film. Die Comicfigur Romani Chaji erklärt den Zuschauenden, woher die rassistischen Fremdbezeichnungen für Sinti:zze und Rom:nja stammen. Romani Chaji greift dabei auch auf, warum die Begriffe rassistisch sind, was Menschen stattdessen sagen können, und gibt den Ratschlag, im Zweifel einfach nachzufragen, wie eine Person genannt werden möchte.